Die gefährliche Ecke

Heute habe ich ein Pferd auf dem Reitplatz geführt. Das Pferd war etwas unsicher, etwas klemmig. Aber ich kenne das Pferd gut und es hat sich schon einiges getan, doch nehme ich mir mit diesem Pferd jedesmal Zeit es erst zu führen um die 'Grundstrukturen' zu klären um zu einer guten und vertrauensvollen Zusammenarbeit zu kommen. Heute war wieder einer der Tage, an denen die eine Ecke etwas gefährlich war. Ich konnte harusspüren was das Thema für das Pferd war. Es ging gar nicht so sehr darum, dass die Ecke wirklich so gefährlich war. Der Punkt war mehr, warum sollte er sich in eine unangenehme Situation begeben? Ich konnte spüren, dass das für ihn überhaupt keinen Sinn machte. Er sah überhaupt keinen Vorteil darin, für ihn bedeutet das nur, eine beängstigende Situation, ein Reiter der ihm sagt was er zu tun hat, Stress, ein unangenehmes Körpergefühl, enge, sich klein fühlen, sich zu etwas gezwungen fühlen was man nicht selber will und ähnliches. Ich fühlte auch eine gewisse Angst davor, dass übergangen wird wie er sich fühlt und dass solche Situation Konflikte mit sich bringen und das Problem verstärken.

 

Mir ist es so vorgekommen, als müsste es sich für das Pferd so anfühlen, wie wenn mich jemand zwingen würde eine Spinne auf die Hand zu nehmen. Das macht mir Angst, ich will es nicht, ich werde gezwungen, ich sehe keinen Sinn darin und fühle mich schlussendlich auch auf eine Art gefoltert. Natürlich weiss ich auf der logischen Ebene, dass die Spinne mich nicht umbringen würde. Doch das ändert nichts daran was ich dabei fühlen würde. Nur schon der Gedanke daran fühlt sich übel an....

 

Zwischen mir und diesem Pferd besteht schon ein gewisses Vertrauensverhältnis, was die Arbeit nat¨ürlich erleichtert hat. Meine Motivation bei der Arbeit mit diesem Pferd war, dass sich das Vertrauen vertiefen kann und das sich das Pferd mit der Zusammenarbeit mit mir wohlfühlt. Die Arbeit findet auf verschiedenen Ebenen statt. Es ist notwendig dass ich sehe und verstehe wie sich das Pferd fühlt. Dass ich richtig abschätzen kann, wie gross sinnvolle Schritte sind, dass ich einen Weg wähle, der den Konflikt nicht grösser macht als nötig, dass ich mir bewusst bin, was meine Motivation ist, dieses Pferd dazu zu bringen sich in eine Situation zu begeben die ihm nicht gefällt. Und mir muss bewusst sein, was mein Ziel ist.

 

Es ist wichtig, anzuerkennen, wie sich das Pferd fühlt und was seine Thematik ist, sich einen Moment Zeit zu lassen, damit das ganze wahrgenommen werden kann. Damit man sich ganz bewusst für eine Lösungsstrategie entscheiden kann. Ich habe ihm etwas Zeit und Raum gelassen, die Ecke anzusehen. Dadurch konnte seine Körperspannung wieder etwas niedriger werden, der Boden kam langsam wieder unter die Füsse, er konnte registrieren, dass es mir nicht darum ging, ihn einfach dort durch zu zwingen. Nur schon das lässt den Stresspegel deutlich sinken. Ich wusste, ich möchte dass es ihm möglich ist, an der Ecke vorbeizugehen, ohne sich zusammenziehen zu müssen und ohne dass der Stresslevel ansteigen muss. Ich möchte dass er sich wohlfühlt, dass er mir vertraut und die erhöhte Achtsamkeit der Ecke gegenüber loslassen kann, so dass wir miteinander arbeiten können. Wir sind ein paar mal an dieser Ecke vorbei gelaufen und ich habe dabei anerkannt, dass er bereit war sich dieser Gefahr auszusetzen, obwohl er keinen Sinn darin gesehen hat. Dabei habe ich beobachtet wie er sich fühlt, wie sich sein Stresslevel und seine Körperspannung verändert. Wie er immer entspannter an der Ecke vorbeilaufen konnte und es sich genau so normal anfühlte wie an anderen Stellen auf dem Reitplatz. In dem Fall hat es Sinn gemacht sich mit der Situation auseinander zu setzen, dadurch konnten wir das Vertrauen vertiefen. Einerseits das Vertrauen in die Ecke, aber noch viel wichtiger das Vertrauen zwischen uns. Ich konnte ihm beweisen, dass ich gut mit dieser Situation umgehen kann, dass ich Schritte wählen kann, die er erfüllen kann ohne überwältigt zu werden, ohne dass es ein Kampf wird und so, dass er zum Schluss verstanden hat, dass die Ecke tatsächlich nichts macht. So haben beide ein positives Erlebnis und so macht es auch Sinn sich mit Situationen zu konfrontieren die einem Angst machen.

 

Die Ecke auf dem Reitplatz ist noch relativ harmlos, aber dennoch ergibt sich dadurch eine Basis die sich später auf andere Situationen übertragen lässt und eine wertvolle Grundlage für ein konstruktives Miteinander darstellt.

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