Hufe geben aus der Sicht eines Hufpflegers

Etwas das jedes Pferd können sollte... und doch gibt es grosse Unterschiede. Durch meine Arbeit als Hufpflegerin habe ich so einiges übers Hufe geben gelernt. Ich habe verschiedene Gewohnheiten gesehen und auch einige Probleme zum Thema Hufe geben. Doch wie kommt man zu einem Pferd das seine Hufe entspannt und ausbalanciert geben kann? Was für Probleme können das verhindern?

 

Es gibt körperliche Probleme:

  • Rückenschmerzen (Blockaden, Verspannungen, Arthrosen, Verkürzungen der Muskulatur)
  • Gelenkschmerzen
  • Knieprobleme
  • Schmerzende Hufe
  • Mangelnde Balance
  • andere Verletzungen

 

Äussere Einflüsse:

  • Wetter
  • Lärm
  • Fliegen, Bremsen
  • Trennung von der Herde
  • Sich auf dem Anbindeplatz nicht wohlfühlen

 

Ausbildung:

  • Respektiert das Pferd den Menschen und ist bereit zur Mitarbeit?
  • Hat es Angst?
  • Hat es gelernt ausbalanciert auf 3 Beinen zu stehen?
  • Welche Vorstellung hat der Besitzer davon wie Hufe geben aussieht?
  • Findet eine Kommunikation zwischen Mensch und Pferd statt?
  • Lässt sich das Pferd problemlos anfassen?
  • Hat es schlechte Erfahrungen gemacht oder ist gar traumatisiert?
  • Steht es den Menschen wohlwollend gegenüber?
  • Kann es stillstehen, sich konzentrieren und sich berühren lassen?

 

 

Mensch:

  • Zerrt der Mensch einfach so lange am Bein bis das Pferd es gibt?
  • Hat der Mensch Angst?
  • Besonders bei kleineren Ponys kommt es auch immer wieder vor, dass die Menschen die Hufe zu hoch und zu weit seitlich rausziehen, was ihnen Schmerzen verursacht
  • Hat der Mensch Geduld und Verständnis?
  • Kann der Mensch sehen was das Problem des Pferdes ist, wenn es nicht einwandfrei funktioniert?
  • Wie reagiert er darauf?
  • Was fordert er vom Pferd?
  • Welche Art Beziehung wird gelebt?

 

 

Muss man die Hufe nur aufheben um sie kurz auszukratzen, dann ist es zwar mühsam wenns nicht so gut klappt, aber richtig schwierig wirds dann beim Hufschmied oder Hufpfleger. Ich glaube dass die Grundlage für eine gute Hufpflege auch vorallem in den Abmachungen zwischen Pferd und Mensch liegen. Es ist nicht selbstverständlich, dass das Pferd hinhört wenn ich etwas von ihm verlange. Manche träumen in der Gegend rum und interessieren sich überhaupt nicht für den Menschen, andere legen sich gleich extra auf das Bein drauf und die nächsten werden nervös und haben Angst. Es gibt einige Dinge die ich vom Pferd verlange, aber auch einige Dinge die ich dem Pferd bieten kann, damit eine gute Zusammenarbeit entstehen kann.

 

Was ich biete

Ich bin aufmerksam und registriere ob das Pferd Schmerzen hat oder ob es eine Pause braucht, damit ich den Huf genug oft wieder abstellen lasse, so dass es fürs Pferd nicht zu unangenehm wird. Im Optimalfall, bekommt das Pferd die Behandlung die es braucht, damit es keine Schmerzen mehr hat, das liegt aber beim Besitzer und ist als Hufpfleger nicht immer zu beeinflussen. Es gibt auch ältere Pferde, die einfach nicht mehr so gut und so lange auf 3 Beinen stehen können. Es ist das Versprechen ans Pferd, dass ich hinhöre und hinfühle um zu Wissen wie es dem Pferd geht.

Ich geben dem Pferd Zeit, dass es sein Gewicht auf die anderen 3 Beine verlagern kann und sich so hinstellen kann, dass es gut auf 3 Beinen stehen kann und unterstütze es dabei sich zu entspannen und lobe es regelmässig für seine gute Mitareit.

Ich bearbeite die Hufe so, dass sich das Pferd danach darauf auch wohlfühlt.

 

Was ich verlange

Dass mir das Pferd aufmerksam zuhört und seine Beine selbständig anhebt. Ich verlange dass es mich beachtet und mich nicht in Gefahr bringt indem es unachtsam mit seinen Beinen schlägt, sich auf mich lehnt oder mich zur Seite schiebt. Ich verlange, dass es bereit ist zur Mitarbeit.

 

Das Arbeitsklima

Das Ziel ist ein Arbeitsklima, das entspannt ist, dass das Pferd lernt, ich muss jetzt für eine Weile auf 3 Beinen stehen, aber das ist gar nicht schwierig, ich kann mich dabei entspannen. Der Mensch gibt acht auf das Pferd, dass es ihm angenehm ist und das Pferd gibt acht auf den Menschen, damit dieser sicher arbeiten kann. Die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd findet statt.

 

 

Probleme die ich häufig antreffe

Wenn ich Pferde neu übernommen habe, ist mir schon öfters das Muster begegnet, dass die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd nicht da ist und damit oftmals auch kein Respekt. Das Pferd muss einfach seine Hufe geben, und hat keine Rechte sich zu äussern. Diese Pferde haben keine Freude an der Hufpflege und interessieren sich auch genauso wenig für den Hufpfleger. Da kommt es schonmal vor, dass ein Bein zur Seite ausschert und es das Pferd auch nicht sonderlich stören würde, wenn es den Hufpfleger dabei trifft. Das fühlt sich sehr unangenehm an und ist auch gefährlich. 

Manche Pferde haben einfach keine Lust zur Mitarbeit, es sitzt eine einzige Fliege auf einem Bein und für das Pferd ist es schon nicht mehr möglich das 4 Bein oben zu lassen und es macht ein Drama. Das hat sehr viel damit zu tun, wie sonst mit dem Pferd umgegangen wird. Das ist ebenfalls eine gefährliche Situation, denn es ist unmöglich ein Pferd so zu bearbeiten, also müssen die Regeln neu gesetzt werden und das wird dem Pferd nicht gefallen. Es wird unzufrieden bis sauer sein, dass es etwas muss, dass ihm nicht gefällt. Es sieht in erster Linie auch nicht, dass es dafür im Gegenzug auch etwas bekommt. Somit wird es zu Beginn auch nicht besonders viel Interesse zeigen, sich dem Hufpfleger gegenüber achtsam zu verhalten.

Manche Pferde kämpfen auch aktiv gegen den Hufpfleger, sie lehnen sich mit der Schulter auf den Hufpfleger, was sehr gefährlich ist. Es ist nicht nur extrem respektlos, im dümmsten Fall kommt der Hufpfleger darunter. Es ist nicht zu unterschätzen in welch ungünstiger Position ein Hufpfleger sich befindet, wenn es zu Rangordnungsdiskussionen kommt.

 

Glücklicherweise können diese Muster alle zu einer konstruktiven Zusammenarbeit hin verändert werden. Etwas schwieriger ist es mit traumatisierten Pferden.

 

Trauma

Trauma sind deswegen so gefährlich, weil das Pferd sehr schnell, sehr massiv reagieren kann. Ist ein Trauma passiert, hatte das Pferd Todesangst, es gab einen Zeitpunkt in seinem Leben, wo es dachte es müsse sterben und es gäbe keinen Ausweg mehr. Bei solchen Pferden ist eine Reaktion oftmals nicht der Situation angemessen, sondern viel massiver. Für das Pferd fühlt es sich schnell an, als würde es wieder um Leben und Tod gehen.

Bei traumatisierten Pferden ist es sehr wichtig eine Vertrauensbasis zu schaffen. Damit das Pferd nicht überreagiert ist es wichtig ihm andere Möglichkeiten aufzuzeigen. Diese Pferde reagieren schnell mit einem Muster aus Panik, anstatt dass sie noch mit dem Menschen kommunizieren würden. Sie sehen das in dem Moment nicht mehr als Option an, sie reagieren, sie denken nicht. Darum ist es sehr wichtig, wenn das Pferd beginnt hochzufahren und zu zumachen, sich Zeit zu nehmen, dass es sich wieder entspannen kann, dass die Kommunikation wieder möglich ist. Das Pferd braucht Zeit das Verhaltensmuster des Hufpflegers studieren und verstehen zu können, es braucht eine Weile, damit es erkennen kann, dass nicht die erwartete Reaktion kommt (was unbedingt vermieden werden muss). Der Hufpfleger braucht eine klare Linie und eine vertrauensvolle Art, auf die sich das Pferd verlassen kann. Aber es wird Zeit brauchen, bis das Pferd dies versteht. Traumas lösen sich leider nicht so schnell wieder auf. Das geht so tief, das braucht viel Geduld, Zeit und vorallem Achtsamkeit und Vertrauen. Der Hufpfleger muss die Muster des Pferdes erkennen und ihm bessere Alternativen anbieten. Es wird nicht linear besser werden, je nach Tagesverfassung kommen immer wieder schwierigere Tage dazwischen und es kann sein, dass es niemals ganz 'normal' wird. Aber was sich verändern kann ist der Umgang mit dieser Sensibilität, was die Zusammenarbeit sicherer, entspannter und positiver machen kann.

 

Tipps für Pferdebesitzer

Die wichtigste Grundlage ist, dass das Pferd dir aufmerksam zuhört und bereit ist mitzuarbeiten. Bevor du an die Hufe gehst, schaue dir an in welcher Verfassung das Pferd in dem Moment ist. Ist es entspannt und anwesend? Oder mit dem Kopf völlig an einem anderen Ort und hat eigentlich ganz andere Pläne? Nimm dir einen Moment Zeit die Aufmerksamkeit des Pferdes einzufordern und es soll ruhig und entspannt dastehen. Wenn du zu seinem Bein gehst kommt oftmals schon eine Reaktion, welche ist es? Manche Pferde heben ganz entspannt das Bein. Andere laufen einen oder mehrere Schritt rückwärts, andere lehnen sich auf dieses Bein, wieder andere reagieren einfach überhaupt nicht. Es ist wichtig zu erkennen, was das Muster deines Pferdes ist. Der nächste Schritt ist die Arbeit mit diesem Muster, ist es ein kostruktives ist alles gut, falls nicht muss man herausfinden wie man dieses Muster ändern kann. Man stellt das Pferd wieder in die Ausgangslage in der es entspannt und aufmerksam ist und probiert es nochmals, greift das ungewollte Muster korrigiert man das Pferd. Das wiederholt man so lange bis sich das Muster verändert. Diese Arbeit ist nicht so simpel wie es hier tönt und muss immer im Detail und im Einzelfall angeschaut werden.

Sei achtsam ob das Pferd beginnt da Gewicht zu verlagern und deshalb eine Sekunde mehr braucht um das Bein zu heben. Das ist eine gute Sache! Das Pferd soll sich so hinstellen, dass es nachher auch eine Weile auf 3 Beinen stehen kann.

Auch sehr wichtig für Pferdebesitzer ist zu lernen, wann es für ein Pferd unbequem wird. Registriert das der Pferdebesitzer nicht, hat das Pferd gar keine andere Wahl als das Bein wegzuziehen oder gegen den Pferdebesitzer zu kämpfen.

Befreie dein Pferd von Schmerzen, lasse einen Pferdeosteopathen drauf schauen. Lass den Sattel anpassen. Nimm Reitunterricht bei welchem Pferd und Reiter lernen was gesunde Bewegungsmuster sind.

Sei achtsam bei den kleinen Dingen, integriere dies in deinen Alltag. Wertschätze die Bemühungen deines Pferdes und lobe es regelmässig.

 

Grundlagen die ein Pferd können muss um sinnvoll seine Hufe geben zu können:

  • Am Anbindeplatz ruhig stehen bleiben
  • Sich überall berühren lassen
  • Sich entspannen können
  • Den Menschen respektieren und sich bemühen ihn zu verstehen
  • Wissen dass es nicht erlaubt ist, den Menschen zur Seite zu schieben
  • Sich angebunden einfach und auf feine Hilfen seitwärts, vorwärts oder rückwärts bewegen lassen
  • Wissen wie es mit Menschen kommuniziert
  • Die Sprache des Menschen verstehen
  • Auf leichtes Berühren den Huf anheben

 

Am letzten Kurs mit Bent Branderup hat er gesagt, einem Pferd das seine Hufe nicht ordentlich geben kann, muss man gar nicht erst versuchen ein Schulterherein beizubringen. Und das macht absolut Sinn. Auch Hufe geben gehört zur Ausbildung des Pferdes und wenn es bei einer eigentlich so einfachen Lektion nicht klappt, wie soll es dann mit schwierigeren Sachen klappen? Die Art wie ein Pferd seine Hufe gibt erzählt sehr viel darüber wie mit ihm umgegangen wird und wie es ausgebildet ist. Wenn sich Pferdebesitzer mit dem Hufegeben beschäftigen ist das nicht nur angenehm für den Hufpfleger, sondern kann auch die Beziehung zwischen Pferd und Mensch verbessern. Man kann nicht auf dem Reitplatz verlangen, dass das Pferd auf feine Hilfen achtet und gleichzeitig schluderig im Alltag sein. Auch das Hufegeben ist eine Lektion an sich und wenn es da nicht so gut funktioniert, kann man sich auch für eine solche Lektion Hilfe von einem Trainer holen. Jede Lektion die verbessert wird lehrt einem etwas Neues.

 

 

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