Vom Lernen, Ausbilden und Reflektieren

Die Art wie wir in der Schule lernen und die Art wie wir unseren Pferden etwas beibringen können unterscheidet sich grundsätzlich. In der Schule lernen wir Konzepte. Wie das Konzept der Mathematik oder der Grammatik. Das hat jemand so festgelegt und wir folgen diesem Konzept. Wir erfinden dabei nichts, wir müssen zwar denken, aber wir denken darüber nach wie das Konzept funktioniert und was es für eine Antwort verlangt. So bleibt zwei und zwei immer vier. Es fordert von uns nicht ein, sich unsere eigenen Gedanken zu machen. Und Hinterfragen, wird sogar oftmals gar nicht gerne gesehen, da es auch ziemlich anstrengend sein kann. Dabei ist Hinterfragen tatsächlich etwas gutes. Hinterfragt man etwas macht man sich tatsächlich eigene Gedanken. 

 

Geht man in der Pferdeausbildung so vor, wie wir es in der Schule gelernt haben wird das nicht funktionieren. Denkt man, wenn man eine Lektion ein paar mal wiederholt, dass das Pferd sie dann kann und sie immer wieder zeigen wird, wird man enttäuscht werden. Doch hier kommt der kleine aber feine Unterschied. Pferde wollen Kommunikation. Sie wollen in jedem Moment vom Menschen gesehen werden. Sie wollen, dass der Mensch weiss, wie sich das Pferd fühlt. Immer wieder hört man dass die Menschen nicht wach sind, und doch ist oftmals gar nicht so klar was das überhaupt bedeutet. Ein wacher Mensch, sieht im Hier und Jetzt wie es seinem Pferd geht. Er ist in ständiger Kommunikation mit dem Pferd. Er spürt die Veränderungen der Körperspannung des Pferdes, die Veränderung des Ausdruckes. Ein nicht wacher Mensch denkt, da ist das Pferd doch schon 100 mal durchgelaufen, also wird es das jetzt können. Er denkt gar nicht daran, dass heute etwas anders sein könnte als gestern. Pferde sind wach. Sehr wach. (Natürlich gibt es auch sehr abgestumpfte Pferde, leider). Pferde sind Fluchttiere, sie können sich nur sicher fühlen, wenn der Mensch wach ist. Wir nehmen einfach an, dass wir in einer Welt leben in der es keine wirklichen Gefahren gibt. Wir erwarten nicht, dass hinter der nächsten Ecke ein Löwe ist, der uns fressen will. Hier gibt es normalerweise keine Löwen. Und an den unwahrscheinlichen Fall, dass irgendwo in einem Zoo ein Löwe abgehauen ist, erwarten wir nicht. So träumen wir durch die Gegend, vielleicht noch versunken in unser Smartphone oder in einer Disskussion mit einem anderen Menschen und leben dabei in unserer eigenen Welt. Wir registrieren kaum was um uns herum vorgeht. Und dabei registrieren wir auch oftmals nicht was im Pferd vorgeht oder was das Pferd alles registriert. Für viele Pferde ist das sehr schlimm. 

 

Wollen wir jetzt unserem Pferd zb. das Schulterherein beibringen und erwarten, wenn es zwei dreimal geklappt, hat dass es diese Lektion dann abspulen wird liegen wir falsch. Je schwieriger eine Lektion und je präziser diese ausgeführt werden will, desto mehr fordert diese Situation ein, dass wir wach sind und in Kommunikation mit dem Pferd sind. Sehen wir ein Schulterherein einfach als ein Seitwärtslaufen an und verstehen die Komplexität der Lektion nicht, ja dann ist es gut möglich, dass das Pferd die Lektion einfach abspulen wird und es mehr ein Reagieren ist. Doch dieses Reagieren ist schon ein Problem. In diesem Reagieren steckt ein Ausweichen und kein auf den Punkt bringen. Es mag Anfangs wie ein Fortschritt aussehen, doch das Resultat wird limitiert bleiben. Reine Wiederholung wird die Qualität nicht verbessern. Was es braucht ist eine Verfeinerung der Hilfengebung und Kommunikation. Ein bewusst werden, dessen was wir im Pferd auslösen. Das Reflektieren dessen was wir im Aussen sehen und wie wir es verursachen. Und das alles geht nur wenn wir wach sind. 

 

Pferde machen nichts ohne Grund. Wenn wir das Gefühl haben, dass etwas aus dem Nichts kam, kam es nicht tatsächlich aus dem Nichts, wir waren nur nicht fähig zu sehen was vor sich geht, bis es so offensichtlich wurde, dass es auch für uns sichtbar wurde.

 

Auf unbewusster Ebene bringen wir Pferden ständig etwas bei. Nicht nur mit dem was wir machen, auch mit dem was wir erlauben. Die Art wie und wann wir Grenzen setzen, entscheidet sehr viel über das, wie wir dem Pferd erlauben mit uns umzugehen. Pferde leben in hierarchischen Strukturen, für sie ist es notwendig zu wissen, wer von beiden jetzt ranghöher ist. Sie haben das dringende Bedürfnis zu wissen wo die Grenzen sind und wie die Regeln im Umgang sind. Pferde merken sofort, wann ein Mensch nicht souverän ist oder die Führung nicht übernimmt oder kein Gespür für seine Grenzen hat oder nicht Grenzen setzen kann. Dann wird das Pferd übernehmen. Dann ist es beim Menschen nicht sicher. Also versucht es dafür zu sorgen, dass es seine Sicherheit wieder herstellen kann. Und das ist der Punkt an dem es oftmals zu Streit zwischen Pferd und Mensch kommt. Der Mensch hat eine gewisse Macht über das Pferd, in dem er Hilfsmittel verwendet. Das Pferd kann nicht einfach davonlaufen. Es hängt am Strick. Der Mensch hat eine ganze Reihe von Hilfsmitteln, um das Pferd dazu zu bringen bei ihm zu bleiben und trotzdem das zu tun was er will. Man kann dem Pferd bis zu einem gewissen Punkt schon beibringen das zu tun, was man von ihm will, ohne im eine echte Basis an Leadership zu bieten. Indem man einfach mit ihm streitet bis es sich unterordnet und das unlogische Konzept des Menschen mehr oder mehr oder weniger versteht und akzeptiert. Der Mensch kann weiterhin vor sich hinträumen und Fehler machen und das Pferd funktioniert einigermassen so wie es soll. Dieser Prozess geht aber nicht ohne Schaden vonstatten. Das Pferd wird darin seiner inneren Grösse beraubt, es muss zum Teil ablöschen. 

 

Wollen wir eine echte Beziehung mit dem Pferd, die auf Vertrauen und Zusammenarbeit gründet, müssen wir fähig sein, die Welt des Pferdes zu verstehen. Wir müssen fähig sein, zu reflektieren und sehen was wir im Pferd auslösen. Das ist ein langwieriger Prozess, denn oftmals sind wir uns gar nicht bewusst was wir alles tun, zulassen oder übersehen. Das sind die Dinge, die wir nicht wissen, dass wir sie nicht wissen. Sie sind unbewusst. Wir können aber das Pferd als Spiegel dazu nutzen uns zu Hinterfragen. Innezuhalten, was da vor sich geht. Pferde sind so sensibel, sie spüren, was wir nicht mehr wahrnehmen. Pferde sind grossartige Lehrer und können uns helfen unser Unbewusstes sichtbar zu machen. Gehen wir in diesen Prozess, wird automatisch einiges an Konflikten wegfallen.

 

Haben wir einen Umgang mit dem Pferd, der für das Pferd Sinn macht, werden wir mit dem Pferd nicht streiten müssen. Das Pferd wird sich nicht gegen uns wehren müssen. Das Pferd wird neugierig und vertrauensvoll lernen wollen. 

 

 

Drei sehr empfehlenswerte Youtube Videos zum besseren Verständnis was es bedeutet die Welt eines anderen zu verstehen und zu fühlen und über das setzen von Grenzen von Teal Swan:

Attunement: https://www.youtube.com/watch?v=7OIOkd43ev4

Paralell Reality: https://www.youtube.com/watch?v=6ySslgXITkk

Boundaries: https://www.youtube.com/watch?v=hnKU-hL2Uag&t=66s

 

 

 

 

 

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