Strategien

Pferde und Menschen lernen gewisse Strategien, das ist die Art wie mit Situationen umgegangen wird. Manche Strategien sind gut, andere weniger. Und manchmal ist jede Strategie falsch. Strategien können sich ganz unbewusst entwickeln, eine Strategie eines Pferdes kann es zum Beispiel sein zu steigen oder sich loszureissen. Das sind Strategien die dem Menschen Probleme bereiten.

 

Besonders als schwierig geltende Pferde haben oftmals viele Strategien entwickelt die dem Menschen zu schaffen machen und sogar sehr gefährlich sein können. Diese Strategien haben die Pferde im zusammensein mit dem Menschen entwickelt. Es ist die Art die den Pferden als sinnvollste oder einzige Möglichkeit blieb mit etwas umzugehen. Diese Strategien sind als menschgemacht. Jedes Pferd hat eine Vorgeschichte und neigt zu unterschiedlichen Strategien. Ein reaktionsschnelles temperamentvolles Pferd wird eher davonstürmen und ein Pferd das eher stoisch ist, wird einfach nicht mehr vorwärtslaufen oder gar stehenbleiben.

 

Es gibt unzählige Strategien die Pferde entwickeln können. Manche Pferde entwickeln auch Strategien im Umgang mit Menschen die dem Menschen sogar dienen und seine Fehler kompensieren. Sie lernen zum Beispiel gewisse Dinge einfach zu ignorieren, wie eine völlig widersprüchliche Körpersprache. Dann sind es die Pferde die die Menschensprache lernen. Oftmals haben Pferde gar keine andere Wahl, die Menschen geben zwar widersprüchliche Signale und machen Fehler, wenn dann aber das Pferd darauf reagiert, wird es bestraft. Manche Pferde finden den Weg aus diesem Dilemma indem fähig sind ein Verhalten zu entwickeln, dass dem Menschen passt. Andere Pferde verzweifeln und steigern sich immer mehr rein, was dann Problempferde entstehen lässt.

 

Junge, unerfahrene Pferde wissen noch nicht was Menschen als ein akzeptables Verhalten einstufen und haben so auch noch nicht viele Strategien im Zusammenhang mit Menschen entwickelt. Als schwierig geltenden Pferde haben oftmals ein ganzes Repertoir an Strategien oder genau eine die immer wieder greift. Beide können sehr davon profitieren wenn man ihnen gewisse Strategien beibringt. 

 

Als Beispiel: Mit Pferden wird man immer wieder in Situationen kommen in denen das Pferd vor etwas Angst hat. Man kann mit einem Pferd aktiv üben, dass es ihm erlaubt und erwünscht ist, sich gewisse Dinge anzusehen. Man kann ihm auch ganz bewusst erlauben, dass es ein paar Schritte zurück machen darf wenn es vor etwas Angst hat. Man kann dem Pferd beibringen, dass man ihm Zeit und Raum gibt zu schauen und zum denken. Das Pferd kann lernen, dass wenn der Mensch sagt, dass es keine Gefahr darstellt, dass das dann auch tatsächlich so ist. Man kann bewusst Druck aus solchen Situationen nehmen indem man das Pferd nicht überfordert und ihm so bei einfachen Sachen eine gute Erfahrung ermöglicht. Der bewusste Umgang mit solchen Situationen kann einem die Erfahrung mit einem echten Hindernis zu einem dummen Zeitpunkt an einem ungünstigen Ort massiv erleichtern. Und den Unterschied machen ob eine Situation gefährlich wird oder nicht.

 

Dem Pferd zu erlauben, dass es anhalten darf wenn es sich überfordert fühlt ist eine viel bessere Strategie, als den Druck so weit zu erhöhen, dass das Pferd keinen anderen Ausweg mehr sieht als wegzurennen.

 

Jede Strategie entsteht durch Druck irgendwelcher Art. Gute, bewusst gelernte Strategien sollen dem Pferd die Möglichkeit geben mit dem Menschen zu kommunizieren und etwas vorzuschlagen, dass den Druck nicht weiter erhöht oder senkt, so dass das Pferd nicht eskalieren muss. Der Mensch muss fähig sein, dies wahrzunehmen und darauf einzugehen, sonst nützt auch die beste Strategie nichts.

 

Nicht nur Pferde sind dankbar um Strategien auch für den Mensch können Strategien ungemein hilfreich sein. Es ist zum Beispiel eine Strategie abzusteigen, wenn man sich in einer Situation nicht mehr wohlfühlt. Es ist aber nur dann eine gute Strategie wenn es am Boden besser funktioniert als im Sattel. Diese Strategie benötigt also auch eine Vorbereitung.

 

Je mehr Möglichkeiten bereit stehen mit Situationen umzugehen, desto weniger schwierig wird die Situation zu meistern sein. Eine ganze Palette an Möglichkeiten trainiert zu haben kann einem sehr viel Sicherheit und Souveränität geben. Kreativität ist wichtig, genau so wichtig wie die kleinen Schritte, die Kommunikation zwischen Pferd und Reiter und die Präsenz im Moment.

 

Je nach Pferd und seinem Wesen und auch den Ansprüchen des Reiters, können ganz andere Strategien genutzt werden und sinnvoll sein, dass muss ganz individuell erarbeitet werden.

 

Auch eine gute Strategie wird dann falsch, wenn sie nicht mehr an den Moment gebunden ist und nur aus dem erlernten wiederholt wird. Eine Strategie ist ein Sicherungsnetz für schwierige Situationen. Eine Art der Reaktion die so viel geübt wurde, dass sie auch in kritischen Situationen noch abrufbar ist, es wurde zur Gewohnheit. Ein Pferd ist nie genau gleich, ein Mensch ist nie genau gleich, keine Situation ist genau gleich. Auch wenn es äusserlich erscheinen mag, dass man etwas immer gleich macht, wie zum Beispiel die Hilfen zum antraben geben, muss man sie dennoch auf den Moment abstimmen. Es braucht den Kontakt zum Pferd und zur aktuellen Situation um einschätzen zu können wo man steht und was jetzt genau nötig ist. Was einmal bestens funktioniert hat, klappt in der jetzigen Situation vielleicht nur noch halb so gut. Geht es um knifflige Situationen kann das aber dennoch ausreichen, die Basis die gelegt ist ist so gefestigt, dass man auch mit 50% Leistung noch gut aus der Situation rauskommt. Das ist das schöne an Strategien. Das ist aber auch dass was Strategien hässlich macht, wenn man sie missbraucht. Wenn man Strategien in Situationen anwendet die alltäglich sind. Viele von uns Reiter werden wissen dass wenn etwas gut geklappt hat und man möchte es gerne nochmal genau so hinkriegen, dass diese Absicht schon ausreicht, dass es nicht mehr gelingt. Das Feedback dass uns Pferde geben ist unerbärmlich. Und ich denke viele von uns wissen genau was ich damit meine ;)

 

Darum Strategien können Lebensretter sein. Dennoch soll unser Alltag nicht von blind ausgeführten Strategien dominiert sein, sondern davon dass wir uns der aktuellen Situation hingeben und genau hinspüren wie es dem Pferd geht, wie es uns geht, was genau jetzt in dem Moment das richtige ist. Es soll eine ständige Kommunikation zwischen Pferd und Reiter stattfinden. Nur da finden wir die Glanzmomente die wir alle kennen und lieben.